Der BGH entschied, dass ein Wohnungseigentümer zur gerichtlichen Ersetzung eines abgelehnten Beschlusses über eine bauliche Veränderung nicht verpflichtet ist, der Eigentümerversammlung umfassende Unterlagen vorzulegen. Entscheidend ist allein, dass der Antrag so wie später im Klageverfahren eingebracht wurde. Die Sache wurde an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
1. Kernaussage des Urteils
Der Bundesgerichtshof stellt klar: Für die Zulässigkeit einer Beschlussersetzungsklage nach § 44 Abs. 1 Satz 2 WEG genügt es, dass der Wohnungseigentümer in der Eigentümerversammlung die konkrete Beschlussfassung beantragt hat, wie sie später im Klageverfahren begehrt wird. Es besteht keine Pflicht, der Versammlung vorab detaillierte Unterlagen oder Gutachten zur Entscheidungsfindung vorzulegen. Ob andere Eigentümer durch die bauliche Veränderung beeinträchtigt sind, ist im Einzelfall materiell-rechtlich zu prüfen und betrifft nicht die Zulässigkeit der Klage.
2. Tatbestand
Der Kläger, Eigentümer einer Erdgeschosswohnung, beantragte auf der Eigentümerversammlung im Juni 2022 die Gestattung, vier Wohnraumentlüftungen mit äußeren Fassadendurchbrüchen (225 mm Durchmesser) zu installieren – gemäß KfW-Standard. Dem Antrag beigefügt war ein Foto der geplanten Abdeckungen. Weitere technische Unterlagen oder Gutachten legte der Kläger nicht vor. Die Versammlung lehnte den Antrag mit Verweis auf unzureichende Informationen über Auswirkungen auf Bausubstanz und Energieeffizienz ab.
Im Anschluss erhob der Kläger eine Beschlussersetzungsklage (§ 44 Abs. 1 Satz 2 WEG), mit der er die gerichtliche Genehmigung der Maßnahme begehrte. Amtsgericht und Landgericht wiesen die Klage ab – Letzteres aus formellen Gründen: Es fehle an einer ausreichenden Vorbefassung der Eigentümerversammlung, da keine weitergehenden Informationen über die Maßnahme vorgelegt wurden. Der Kläger legte Revision ein.
3. Entscheidungsgründe
A. Zur Zulässigkeit der Klage
Das Berufungsgericht ging davon aus, dass für eine ordnungsgemäße Vorbefassung (notwendig für die Zulässigkeit der Klage) dem Antrag in der Eigentümerversammlung ausreichende Informationen beigefügt sein müssten. Dem widerspricht der BGH deutlich:
- Es genügt, dass der Wohnungseigentümer eine Beschlussfassung beantragt hat, wie sie später auch gerichtlich ersetzt werden soll.
- Es ist nicht erforderlich, dass im Vorfeld Gutachten oder detaillierte Unterlagen beigebracht wurden.
- Die Anforderungen des § 44 Abs. 1 Satz 2 WEG zielen nicht darauf ab, materielle Anspruchsvoraussetzungen bereits in der Zulässigkeitsprüfung zu behandeln.
Der BGH betont, dass das Vorbefassungsgebot dem Schutz vor unnötiger Inanspruchnahme der Gerichte dient, aber nicht zur materiell-rechtlichen Filterung von Ansprüchen in der Zulässigkeit führen darf.
B. Keine Vorverlagerung materiell-rechtlicher Prüfung
Ob die Maßnahme berechtigt ist, insbesondere ob eine unzumutbare Beeinträchtigung anderer Eigentümer vorliegt, ist Teil der inhaltlichen Prüfung und nicht der Zulässigkeit der Klage. Der Versuch, durch Vorbehalt der Informationspflichten bereits auf dieser Stufe zu differenzieren, würde zu Rechtsunsicherheit und unnötiger Rechtsverweigerung führen.
C. Verwertbarkeit von Unterlagen und Gutachten
Vom Kläger vorgelegte Unterlagen wären in einem Gerichtsverfahren ohnehin nur als Parteivortrag, nicht als Beweismittel im engeren Sinne, zu werten. Eine Verlagerung der Beweislast oder der Vorbereitungspflichten in die Eigentümerversammlung sei nicht gerechtfertigt.
D. Keine generelle Beeinträchtigung bei Wanddurchbrüchen
Der BGH stellt klar, dass bauliche Maßnahmen wie Fassadendurchbohrungen oder Wanddurchbrüche nicht automatisch eine unzumutbare Beeinträchtigung darstellen. Es ist im jeweiligen Einzelfall zu prüfen, ob sich andere Eigentümer nach allgemeiner Verkehrsanschauung beeinträchtigt fühlen könnten. Fachgerechte Durchführung (z.B. nach statischer Prüfung) kann eine Beeinträchtigung ausschließen.
4. Urteil
Der BGH hebt das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth auf und verweist die Sache zur weiteren Verhandlung zurück (§§ 562, 563 ZPO). Eine eigene Entscheidung konnte nicht erfolgen, weil noch keine Feststellungen zur Begründetheit des Anspruchs vorlagen.
Das Gericht weist ausdrücklich darauf hin:
- Der Anspruch nach § 20 Abs. 3 WEG kann auch Fassadeneingriffe umfassen.
- Die Beurteilung, ob eine solche Maßnahme als „beeinträchtigende bauliche Veränderung“ zu qualifizieren ist, erfordert eine individuelle Bewertung.
- Eine generelle Ablehnung von Maßnahmen wegen Eingriffs in die Bausubstanz (wie sie teilweise von Instanzgerichten vertreten wurde) ist unzulässig.
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