Der Bundesgerichtshof entschied, dass eine auffällige Solaranlage auf dem Balkon eines Wohnungseigentümers eine bauliche Veränderung des Gemeinschaftseigentums darstellt, auch ohne Substanzeingriff. Da keine Gestattung durch Beschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft vorlag, besteht ein Rückbauanspruch nach § 1004 BGB. Das Berufungsurteil wurde aufgehoben und die Entscheidung des Amtsgerichts wiederhergestellt.
1. Kernaussage des Urteils
Der BGH stellt klar, dass eine Solaranlage an der Balkonbrüstung eines Wohnungseigentümers eine bauliche Veränderung i.S.d. WEG darstellt, auch wenn sie nicht in die Substanz des Gebäudes eingreift, sondern nur das optische Erscheinungsbild wesentlich verändert. Ohne Gestattungsbeschluss der Eigentümergemeinschaft ist eine solche Maßnahme rechtswidrig, und der Rückbau kann nach § 1004 BGB verlangt werden. Zudem kann ein Wohnungseigentümer dem Rückbauverlangen keinen Gestattungsanspruch aus Treu und Glauben entgegenhalten, wenn ein solcher nicht rechtzeitig durch Beschluss oder gerichtliche Entscheidung erlangt wurde.
2. Tatbestand
- Parteien: Klägerin ist die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (GdWE), Beklagter ein Mitglied dieser Gemeinschaft.
- Sachverhalt:
- Bereits 2004 war der Beklagte durch einen amtsgerichtlichen Beschluss verpflichtet worden, eine Solaranlage an seiner Balkonbrüstung zu entfernen; die Zwangsvollstreckung scheiterte jedoch.
- Derzeit befindet sich an der gesamten Balkonbrüstung des Beklagten eine Anlage aus neun Solarplatten, die sich deutlich von den übrigen Balkonen abhebt und stark sichtbar ist, insbesondere seitdem die GdWE zwischen 2018 und 2022 die Bepflanzung im Hof zurückgeschnitten hatte.
- Klage: 2022 verlangte die GdWE den Rückbau der Solaranlage, soweit diese von außen sichtbar ist.
- Vorinstanzen:
- AG Wedding (2023): gab der Klage statt.
- LG Berlin (2024): wies die Klage ab, da der Beklagte sich auf einen Anspruch auf Gestattung nach neuem WEG-Recht berufen könne.
- Revision: Die GdWE verfolgte ihr Rückbauverlangen vor dem BGH weiter.
3. Entscheidungsgründe
a) Zur Zulässigkeit der Klage
- Die frühere Entscheidung von 2004 steht nicht entgegen, da entweder eine andere Solaranlage betroffen ist oder der alte Titel faktisch nicht mehr vollstreckbar ist.
b) Zum anwendbaren Recht
- Maßgeblich ist, ob die bauliche Veränderung vor oder nach dem 1. Dezember 2020 (Inkrafttreten des WEMoG) abgeschlossen war.
- Der Beseitigungsanspruch entsteht mit der Vornahme der baulichen Veränderung; spätere Umstände (z. B. Sichtbarkeit durch Rückschnitt von Pflanzen) sind dafür unerheblich.
- Da der genaue Zeitpunkt der Errichtung unklar ist, prüfte der BGH beide Rechtslagen.
c) Nach neuem Recht (WEG n.F.)
- Jede bauliche Veränderung bedarf gemäß § 20 Abs. 1 WEG eines Gestattungsbeschlusses.
- Bauliche Veränderung liegt nicht nur bei Substanzeingriffen, sondern auch bei wesentlichen optischen Veränderungen vor.
- Die Anlage des Beklagten stellt schon aufgrund ihrer Größe und Sichtbarkeit eine bauliche Veränderung dar.
- Da ein Beschluss fehlt und auch kein gerichtlicher Gestattungsbeschluss erstritten wurde, besteht ein Beseitigungsanspruch nach § 1004 Abs. 1 BGB.
- Ein nach § 20 Abs. 3 WEG bestehender Anspruch auf Gestattung kann dem Rückbauanspruch nicht mehr allein durch Treu und Glauben (§ 242 BGB) entgegengehalten werden; er muss aktiv eingeklagt werden (Widerklage).
d) Nach altem Recht (WEG a.F. vor 1.12.2020)
- Eine bauliche Veränderung bedurfte der Zustimmung aller Wohnungseigentümer, deren Rechte über das unvermeidliche Maß hinaus beeinträchtigt wurden (§ 22 Abs. 1, § 14 Nr. 1 WEG a.F.).
- Auch ohne Substanzeingriff lag eine erhebliche Beeinträchtigung vor, wenn das Erscheinungsbild der Wohnanlage verändert wurde.
- Die auffällige, farblich und optisch herausstechende Solaranlage beeinträchtigte das Erscheinungsbild erheblich und stellte somit einen Nachteil dar.
- Ein Gestattungsanspruch, der dem Rückbau hätte entgegengehalten werden können, bestand nicht.
e) Ergebnis:
In beiden Rechtslagen (vor und nach 2020) ist der Rückbauanspruch der GdWE begründet.
4. Urteil
- Der BGH hob das Urteil des LG Berlin auf.
- Die Berufung des Beklagten gegen das amtsgerichtliche Urteil wurde zurückgewiesen.
- Damit bleibt es bei der Entscheidung des AG Wedding: Der Beklagte muss die Solaranlage so zurückbauen, dass sie von außen nicht mehr sichtbar ist.
- Der Beklagte trägt die Kosten aller Rechtsmittelverfahren.
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