Der BGH entschied, dass eine in der Gemeinschaftsordnung vereinbarte Kostentragungspflicht einzelner Wohnungseigentümer für bestimmte Gebäudeteile (z. B. Fenster) auch die Beseitigung anfänglicher Baumängel umfasst. Eine Sonderumlage nach Miteigentumsanteilen für solche Kosten widerspricht ordnungsmäßiger Verwaltung. Die Revision der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer wurde zurückgewiesen.
1. Kernaussage des Urteils
Eine Gemeinschaftsordnung, die einzelnen Wohnungseigentümern die Kosten für Instandhaltung und Instandsetzung bestimmter Teile des Gemeinschaftseigentums im Bereich ihres Sondereigentums zuweist, umfasst im Zweifel auch die Kosten für die Beseitigung anfänglicher Baumängel. Damit dürfen solche Kosten nicht nach Miteigentumsanteilen verteilt werden.
2. Tatbestand
Die Klägerin ist Eigentümerin einer Teileigentumseinheit innerhalb einer Wohnungseigentümergemeinschaft (GdWE). Das Gebäude wies bereits bei Errichtung Baumängel auf, die bis heute fortbestehen, insbesondere an Fenstern.
Die Gemeinschaftsordnung aus 2004 enthält folgende Regelung:
- Jeder Sondereigentümer trägt die Kosten für Instandhaltung und Instandsetzung seines Sondereigentums sowie bestimmter Gebäudeteile (u. a. nichttragende Innenwände, Bodenbeläge, Fensterstöcke, Fensterrahmen, Fensterscheiben), unabhängig davon, ob diese Sonder- oder Gemeinschaftseigentum sind.
- Im Übrigen gilt die Verteilung nach Miteigentumsanteilen.
Im Jahr 2021 beschloss die Eigentümerversammlung, die anfänglichen Mängel am Gemeinschaftseigentum (einschließlich Fenster) zu beseitigen. Zur Finanzierung wurde eine Sonderumlage in Höhe von 875.000 € nach Miteigentumsanteilen beschlossen.
Die Klägerin focht diesen Beschluss an:
- Amtsgericht München wies die Klage ab.
- Landgericht München I gab der Klägerin Recht.
- Die GdWE legte Revision beim BGH ein.
3. Entscheidungsgründe
Der BGH bestätigte das Urteil des Landgerichts:
- Prüfungsmaßstab
- Streitpunkt war nicht die Änderung des Kostenverteilungsschlüssels, sondern die Auslegung der Gemeinschaftsordnung.
- Beschlüsse über Sonderumlagen sind rechtswidrig, wenn sie auf einem falschen Verteilungsschlüssel beruhen.
- Vereinbarung in der Gemeinschaftsordnung
- Der gesetzliche Schlüssel (§ 16 Abs. 2 Satz 1 WEG: nach Miteigentumsanteilen) kann durch Vereinbarung (§ 10 Abs. 1 WEG) abbedungen werden.
- Die Gemeinschaftsordnung hatte den Eigentümern die Kosten bestimmter Teile (Fenster etc.) zugewiesen.
- Streit der Auffassungen
- Eine Auffassung: Instandsetzung umfasst auch die Beseitigung anfänglicher Mängel, da Ziel ist, die Verantwortung für bestimmte Gebäudeteile klar dem Sondereigentümer zuzuordnen.
- Andere Auffassung: Instandhaltung und Instandsetzung setzen eine ordnungsgemäße Erstherstellung voraus; anfängliche Mängel fallen daher nicht darunter.
- Position des Senats
- Der BGH entschied zugunsten der ersten Auffassung.
- Gründe:
- Wortlaut: „Instandsetzung“ umfasst auch die Herstellung eines ordnungsgemäßen Zustands nach anfänglichen Baumängeln.
- Sinn und Zweck: Eine klare Kostenzuordnung verhindert Abgrenzungsprobleme. Ohne diese Auslegung müsste stets untersucht werden, ob ein Mangel anfänglich oder nachträglich entstanden ist.
- Praktische Erwägungen: Viele Mängel wurzeln in der Errichtung; Abgrenzung wäre oft unmöglich und würde zu Verzögerungen führen.
- Einfluss der Nutzung: Auch anfängliche Mängel können sich erst durch Nutzung verschlimmern, sodass eine Einordnung kaum möglich ist.
- Gegenargumente
- Befürchtungen, dass dadurch die Beschlusskompetenz der Gemeinschaft entfalle, wies der Senat zurück: Es geht nur um die Kostentragung, nicht um die Entscheidung über Maßnahmen.
- Konkrete Anwendung
- Die Sonderumlage nach Miteigentumsanteilen war falsch, weil die Gemeinschaftsordnung die Kostenlast eindeutig auf die jeweiligen Eigentümer der betroffenen Teile (Fenster etc.) überträgt.
- Die Vereinbarung ist hinreichend bestimmt, da die relevanten Gebäudeteile klar benannt sind.
4. Urteil
- Die Revision der GdWE wurde zurückgewiesen.
- Die Kosten des Revisionsverfahrens trägt die Beklagte (§ 97 Abs. 1 ZPO).
- Endergebnis: Die Sonderumlage nach Miteigentumsanteilen war rechtswidrig, da die Gemeinschaftsordnung die Kostentragungspflicht für Fenster und vergleichbare Gebäudeteile eindeutig den jeweiligen Eigentümern zuweist – einschließlich der Kosten für anfängliche Baumängel.
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